Warum der Volksentscheid?

Warum hat “Wir wollen lernen!” den Volksentscheid beantragt?

1. Wir freuen uns, dass durch das Volksbegehren mit 184.500 Unterschriften der Hamburger genügend Druck aufgebaut wurde, um das umstrittene Schulgesetz von Schwarz-Grün in Einzelpunkten nachzubessern. Ohne diesen Druck wäre dies nicht möglich gewesen. Gemeinsam mit vielen Hamburger Bürgern haben wir damit schon jetzt bereits Einiges erreicht.

2. Das Elternwahlrecht nach Klasse 6 mit dem Probejahr ausgerechnet in der verflixten 7. Klasse auf dem Gymnasium halten wir jedoch für falsch. Denn die Entscheidung der Eltern würde bei diesem Modell schon einige Monate später durch Lehrkräfte überprüft, die die Jugendlichen in der 7. Klasse des Gymnasiums – also mitten in der Pubertät – erst wenige Monate in einzelnen Fächern unterrichtet haben. Nur das Elternwahlrecht in Klasse 4 in seiner bisherigen Ausgestaltung stellt sicher, dass die Schüler vor der Pubertät ausreichend Zeit haben, sich auf dem Gymnasium zu bewähren.

3. Die sechsjährige Primarschule ist und bleibt ein rein parteipolitischer motivierter Kompromiss. Keine Studie belegt, dass eine Verlängerung der Grundschulzeit auf sechs Jahre positiv für Lerneffekte der Hamburger Schüler wäre. Zudem werden alle weiterführenden Schulen dadurch objektiv geschwächt.

4. Das Argument des sogenannten „Europäischen Standards“ hält keiner näheren Betrachtung stand. In vielen Ländern mit längerem gemeinsamen Lernen ist entweder der Privatschulanteil sehr hoch (z. B. Holland) oder die personelle und finanzielle Ausstattung der Schulen sehr viel besser (z. B. Finnland) oder die PISA-Werte in diesen Europäischen Ländern sind schlechter als die der Hamburger Schulen (z. B. Dänemark, Norwegen, Frankreich, Luxemburg, Spanien).

5. Die Unterschriften im Volksbegehren und die aktuellen Umfragen signalisieren in der Konsequenz, dass eine große Zahl der Hamburger die Primarschule ablehnt. Eine flächendeckende Zwangseinführung ist deshalb nicht zu verantworten.

6. Wir haben eine freiwillige Einführung von Primarschulen angeboten. Leider haben sich die Vertreter von CDU und GAL einem echten und unabhängigen Lernstands-Vergleichstest der Schulformen vor einer flächendeckenden Einführung von Primarschulen jedoch nicht stellen wollen.

7. Wir haben die Einrichtung von bis zu 50 freiwilligen Primarschulen auch deshalb angeboten, weil wir daran glauben, dass Vielfalt für unser Bildungssystem wichtig ist. Wir stehen auch zukünftig für Bildungsvielfalt in unserer Stadt.

8. Den Primarschul-Pakt der „Afghanistan-Koalition“ (Schwarz-Grün-Rot) der Bürgerschaft halten wir auch vor diesem Hintergrund für falsch. Die vielen Hamburger, die das Primarschul-Modell weiterhin aus guten Gründen ablehnen, sind nach diesem Primarschul-Pakt nicht mehr durch eine Partei in der Bürgerschaft vertreten. Das schürt Politikverdrossenheit. Wir stehen deshalb für Bürgerdemokratie in unserer Stadt.

9. Die soziale Integration von Kindern aus sozial benachteiligten oder schlechter gestellten Familien ist ein wichtiges Thema und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dieser Aufgabe dient jedoch in erster Linie die Möglichkeit, möglichst früh weiterführende Schulen anwählen zu können, in denen die Kinder nach ihren Begabungen und Fähigkeiten individuell gefördert werden. Das können die Stadtteilschulen, Gymnasien und Gesamtschulen ab Klasse 5 leisten. Sechsjährige Primarschulen, in denen die Kinder gezwungen sind, bis zur Jahrgangsstufe 6 in ihrer Nachbarschaft, ihrem sozialen Umfeld zu verharren, sind hier zum Scheitern verurteilt.

10. Unser Vorschlag: Statt in ein teures Primarschul-Experiment würden wir das Geld lieber in die Schulen in sozialen Brennpunkten, in die vorschulische Sprachbildung und die sorgfältige Umsetzung der Stadtteilschulen investieren. Dort ist es sinnvoll angelegt.